Wir hätten dich gerne länger bei uns gehabt, aber Liebe bedeutet loslassen

Wenn man sich einen Welpen ins Haus holt und dem kleinen wuscheligen herzerweichenden Ding ein zu Hause gibt, weiß man bereits, dass irgendwann der Tag kommen wird, an dem man Abschied nehmen muss. Dieser Tag ist für Oli und mich leider bereits für unsere kleine Emma gekommen...

 

Im Mai hatte Emma das erste Mal nach dem Besuch am Rhein seltsame Ausfälle in Form von Desorientiertheit mit leerem Blick und einem inkoordiniertem Gang. Ich bin direkt nach Walluf gefahren. Bis wir dort waren, war sie ohne Symptome, der Tierarzt tippte auf eine Kombination aus Erschöpfung und Unterzucker. Diese Ausfälle traten noch 2-3 Mal auf, ausnahmslos immer nach Anstrengung bzw. mit hohem Erregungslevel (meist eben im Zusammenhang mit Schwimmen im Rhein). 

Am 24.6. hatte sie dann den ersten generalisierten Krampfanfall. Das war auf den Tag genau 6 Jahre, nachdem wir sie zu uns geholt hatten. Der Schreck war groß, wir sind nach Hofheim in die Tierklinik gefahren. Dort haben wir stundenlang gewartet und der dortige Tierarzt hat ziemlich deutlich die Diagnose Epilepsie in den Raum gestellt. Auch wenn es ein klonisch-tonischer Anfall wie aus dem Lehrbuch war, sagte mir mein Bauchgefühl, dass hier etwas anderes dahinter steckt. 

 

Das Gefühl, dass für die meisten Tierärzte die Diagnose klar ist und Diagnostik nur gemacht würde, um im Ausschlussprinzip auf idiopathische Epilepsie zu kommen, hat einen sehr starken Widerstand in mir hervorgerufen. Ich habe stunden- bzw. tagelang recherchiert. Oli und ich haben den Hund mit Argusaugen beobachtet und analysiert. Wir haben viel gesprochen und versucht ein Muster zu erkennen. 

 

Bei Blutbildern habe ich auch auf leichte Gegenwehr der Ärzte hin darauf bestanden, die Schilddrüsenwerte zu überprüfen. Das war meine große Hoffnung, dass man hier einen leichten Ansatz für eine Therapie hätte. 

Nach Einschätzung des Neurologen in Hofheim sahen die Ausfälle, die von anderen Tierärzten ohne Videomaterial als fokale Anfälle gedeutet wurden, eher nach einem Schwächegeschehen aus. Beim Abhorchen des Herzens hörte er eine Arrthythmie. Also Hund direkt zum Kardiologen geschickt mit Herz-Thorax-Röntgen, EKG und Herzultraschall. Emma hatte nicht eine Unregelmäßigkeit. 

 

An Olis Geburtstag hatte Emma wieder ein leichtes Ausfallsgeschehen. Sie wanderte verwirrt umher. Ich hatte es nicht direkt bemerkt und versucht, sie zu beruhigen. Da in meinem Hinterkopf noch was mit Herzproblem rumschwirrte, habe ich ihr das erste mal nicht direkt Futter gegeben. Daraufhin ist sie leider einen generalisierten Anfall bekommen. Ich habe Diazepam als Notfall-Medikation geben - ohne wirkliche Wirkung. Sie hatte kleinere Krampfgeschehen und noch einen generalisierten Anfall. Wir haben sie in die Klinik nach Hofheim gefahren, bis wir da waren hatte sie die maximale Dosis Diazepam und war fast bewusstlos. Sie kam direkt in die Anfallsüberwachung. Wir hatten ein Gespräch mit dem Arzt und 30 Minuten später sind wir verängstigt und ohne Emma wieder nach Hause gefahren. In der Klinik hatte sie dann in der Nacht wieder einen generalisierten Anfall. Die Ärzte haben ein Blutbild erstellt, was eine deutliche Hypoglykämie zeigte. Der Verdacht auf Insulinom lag hier schon sehr nahe. Am Montag Morgen kam sie ins CT und die Diagnose stand nunmehr fest: Insulinom und ein Leberlymphknoten zeigte ebenfalls bereits eine Veränderung. 

 

Nina begleitete mich und wir holten Emma abends ab. Ich hatte die Ärztin im Gespräch noch gefragt, auf was ich mich einstellen muss, wenn Emma jetzt gleich kommt. Sie sagte, dass sie auf dem glatten Fliesenboden nicht laufen kann, aber sonst bei gutem Glukosewert recht fit ist. Nun ja, die Realität sah doch deutlich anders aus. 

 

Emma wurde auf einer rollbaren Bahre zu uns gebracht, sie war in diesem nicht in der Lage auch nur zu stehen. Wir haben sie auf die Wiese vor der Klinik gebracht in der Hoffnung, dass sie nochmals Pipi machen würde. Dort hat sie bereits wieder erste Symptome einer Unterzuckerung gezeigt. Ich hatte in einer weisen Vorausahnung Honig mitgebracht, was ich ihr da das erste mal gegeben habe. Sie hat mich gar nicht richtig erkannt - warum, das wurde mir erst später bewusst. 

 

Zu Hause angekommen haben wir sie in den Garten gelegt. Sie hat sich etwas stabilisiert und konnte dann auf sehr wackeligen Beinen laufen. Der Schwanz hin einfach so an ihr herab. Sie hat nicht ein einziges Mal mehr gewedelt. 

 

Wir sollten ja alle 2 Stunden füttern. Ich hab auf die Uhr gesehen und relativ früh war mir bewusst, dass die zwei Stunden unmöglich einzuhalten sind. Mein Bauch hat mir gesagt, dass der Hund unter gar keinen Umständen noch einen Anfall haben darf. So habe ich deutlich häufiger Futter gegeben, dazwischen auch Traubenzucker. 

 

Sie war verwirrt und fahrig, wanderte unkoordiniert durch den Garten. Hier hatten wir noch die Hoffnung, dass es an den Barbituraten liegt, auf die sie wegen des Anfallsgeschehens gesetzt wurde und der Narkose vom CT. Allem guten Zuspruch von Nina zum Trotz sagte mein Gefühl etwas ganz anderes. Ich hatte es noch zu Nina auf der Hinfahrt gesagt: "Vielleicht holen wir sie zum Sterben nach Hause."

 

Dann kam die Nacht. Eine sehr anstrengende Nacht, die uns schmerzvoll Erkenntnis brachte.  

Emma kam kaum zur Ruhe, ich versuchte sie dann etwas fest zu füttern. Sie schlief ein, aber immer nur auf meinem Arm und maximal 20 Minuten. Noch im Schlaf merkte ich, dass sich ihr Herzschlag veränderte und die Atmung schneller wurde. Ich vermute es kündigte sich wieder ein Unterzucker an. Dann öffnete sie angstgeweitet die Augen. Ich beruhigte sie und gab ihr wieder Futter oder Traubenzucker. Ich habe die ganze Nacht mit ihr gesprochen. Oli lag auf der Couch mit Linda. Seine Anwesenheit gab mir Halt und Zuversicht. Ich hatte das kleine zerstörte schwarze Mäuschen im Arm und hatte irgendwann angefangen mich zu verabschieden. Irgendwann morgens um 4 Uhr habe ich zu Oli gesagt, dass es einfach nicht mehr geht. Er lag bei Emma und meinte irgendwann: "Kann es sein, dass sie blind ist?!" Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Emma hatte durch die vielen Anfälle starke Hirnschädigungen erlitten. In der Hinterhand hatte sie eine leichte Parese, deshalb hing auch der Schwanz einfach nur so runter. Und sie war wirklich fast vollständig blind geworden. In der Nacht hatte sie einen guten Moment, vermutlich war der Blutzucker das erste Mal über 3 gestiegen und hat ihr Spielzeug eine Runde durch den Garten getragen. Das war einer der Momente, in denen ich unsere kleine Emma noch erkannte. Und wenn sie wieder einen Moment der Aufregung hatte und man sich über sie beugte, um sie zu beruhigen. Dann wurde sie kurz klar, hat sich gefreut und einem über das Gesicht geleckt und meine Nasenspitze geknibbelt. Ich werde diese Erinnerung für immer in meinem Herzen bewahren. 

 

Unter Tränen rief ich Silvia an und bat sie, unserer Emma einen würdevollen Abschied zu ermöglichen. Sie schlief zu Hause in meinen Armen ein. Wir lagen noch 2 Stunden bei ihr und haben geweint und sie dann ins Tierkrematorium gefahren. In 1-2 Wochen kommt sie wieder nach Hause. 

 

Wir waren chancenlos. Und vermissen sie. Unfassbar. 

Wir haben alles richtig gemacht. 

 

Mach's gut, weltbeste Schlumbi...

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Kommentare: 7
  • #1

    Bea (Freitag, 03 August 2018 20:02)

    Liebe Claudia,

    wie traurig! Ich konnte es kaum glauben, als ich es erstmalig hörte und nun hier nachgelesen habe. Dieser kleine, schwarze Hund, der ja nun schon mit anderen "Baustellen" zu kämpfen hatte, ist nicht mehr. Es tut mir unendlich leid, dass es offensichtlich so hat sein sollen. Liebe Claudia, ich wünsche dir, euch, viel Kraft bei der Bewältigung der Ereignisse und wie du schon schriebst, ihr habt alles richtig gemacht...

    Gute Reise, weltbester Schlumbi!

  • #2

    André (Montag, 06 August 2018 16:40)

    Liebe Claudi!
    Das ist sooo traurig. Aber Du hast das wunderbar geschrieben! Ganz viele Grüße

  • #3

    Ivonne (Mittwoch, 08 August 2018 11:12)

    Das hast du sehr liebevoll geschrieben, bin komplett verheult���
    Ihr hattet eine wirklich schwere Entscheidung zu treffen. Aber ihr habt aus dem Herz raus richtig entschieden, für Emma�.
    Sie war ein Traumhund, werden sie in schöner Erinnerung behalten.

  • #4

    Simone (Mittwoch, 08 August 2018 16:55)

    Ach Claudi... mir laufrn die Tränen... eine wunderschöne, kleine Maus die Emma... wie furchtbar euer Abschied.. sie war ganz besonders... drücke dich...

  • #5

    Steffi mit Jamie und Finley (Mittwoch, 08 August 2018 20:44)

    Liebe Claudia, lieber Oli,
    es tut mir so verdammt leid das Emma nicht mehr bei euch ist �...
    Mir fehlen die Worte und es zerreißt mir das Herz
    Mit so viel Liebe habt ihr diese Seite für Emma erstellt und ich bin mir sicher, sie hätte niemals ein besserer Zuhause haben können als bei euch ♥️
    Sie hatte es wunderbar bei euch und ihr habt alles was nur in eurer Macht lag für sie gegeben.
    Mir laufen die Tränen �
    Emma war ein wundervolles schwarzes Mädchen, auch wenn ich sie persönlich nicht kannte
    Ruhe in Frieden liebe Emma �
    Fühlt euch feste gedrückt ♥️�

  • #6

    Silvia (Mittwoch, 08 August 2018 21:24)

    Liebe Claudi, dies hast du alles so liebevoll geschrieben. Es ist so wahnsinnig traurig, dass sie so früh gehen musste.�
    Aber du / ihr habt alles getan was möglich war für Emma.
    Fühl dich gedrückt, Silvia

  • #7

    Uschi (Donnerstag, 30 August 2018 16:57)

    Liebe Claudia,
    es tut mir unendlich leid. Ich habe jetzt erst gelesen, was Emma hatte und kann das so nachfühlen. Wir haben unseren Flatbuben Athos im Oktober 2015 durch dieselbe furchtbare Krankheit verloren. Allerdings erst 18 Monate nach dem 1. „Anfall“. Den 1. Anfall hatte er 2 Monate vor seinem 7.Geburtstag.
    Mitfühlende Grüße
    Uschi mit Guinnessflat